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  Humanes Sterben

Das Thema "Humanes Sterben" wurde sowohl von der Politik, wie auch von den Ärzten schon seit Jahrzehnten zum Tabuthema erklärt. Bei der Diskussion fällt auf, dass oftmals die Patienten ein fortschrittlicherer Geist bewegt, als der beruflich involvierte Personenkreis. Und das hat Gründe !
Die Patienten und potentiellen Patienten sind der einzige Personenkreis, der durch Fehleinschätzungen und rückschrittliche Denkweise Nachteile haben könnte, denn die Qual am Leben erhalten zu werden, trotz schwerer, unheilbarer Krankheit, hat nur der Betroffene zu tragen (ertragen). Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die deutschen Ärzte sich berufspolitisch immer wieder gegen die Aktive Sterbehilfe ausgesprochen haben, liegt auch an ethischen Überlegungen, die verständlicherweise im Schutz des Lebens verankert sind. Und genau da liegt der direkte Konflikt, dass Entscheidungen gegen die Aktive Sterbehilfe immer mit ethischen Argumenten begründet werden, ohne nachzufragen ob man für sich selbst im entsprechenden Fall, nicht eine andere Entscheidung bevorzugt hätte.
Das Problem der Aktiven Sterbehilfe ist seit Jahrhunderten Grund für diverse Diskussionen. Solange der Mensch medizinisch tätig ist, stellt sich die Frage, wie lange Leben erhaltenswert ist. Die Passive Sterbehilfe, im Sinne der Hilfeunterlassung oder auch durch die Therapie selbst (z.B. bei Tumorschmerzen mittels hochdosierter Morphinpräparate) wird seit langem angewendet, obwohl es auch da zu ethischen Härtefällen (z.B. Komapatienten) kommen kann. Die Aktive Sterbehilfe jedoch ist ein Schritt, wo der Tod eines Menschen nach entsprechender ärztlicher Prüfung und wenn noch möglich durch Willensentscheid des Betroffenen, durch medizinische Maßnahmen hervorgerufen wird. Das häufigste Argument der Ärzte und anderer Entscheidungsträger gegen die Aktive Sterbehilfe ist der Schutz des Lebens an sich, dem das medizinische Fachpersonal beizutragen hat. Die gleiche Diskussion eröffnete sich ja auch in der Thematik des Schwangerschaftsabbruches und der PID in Deutschland. Dabei wird die Diskussion immer von der Fragestellung angeführt, eine Antwort darauf zu geben, wann Leben nicht erhaltenswert ist. Die Fragestellung am direkt theoretisch nachvollziehbaren Fall, führt fast immer dazu, dass die Entscheidung wann Leben medizinisch unterstützt werden sollte, zwangsläufig in eine ethische Sackgasse führt. Welches Gremium, welche Partei, welche Ärztevertretung soll festlegen, wann der Mensch aus seinem Leiden durch Aktive Sterbehilfe befreit werden kann ?

Julius Hackethal hat am Fall der Patientin HERMY E. erfolgreich versucht, das öffentliche Meinungsbild für dieses Thema zu sensibilisieren, um gerade dadurch zu zeigen, dass eine allgemeingültige und gesetzliche Entscheidung pauschal nicht getroffen werden kann und deshalb es aus dieser Perspektive niemals ein ja oder nein für die Aktive Sterbehilfe geben kann. Deshalb hat Hackethal im Fall HERMY E. auch nicht Aktive Sterbehilfe geleistet, sondern nach seiner Definition Erlösungstodhilfe. Der Unterschied zur Aktiven Sterbehilfe besteht nicht hauptsächlich in der Wahl der Mittel und dem Zeitpunkt etc., sondern an der Motivation für diese Handlung. Bei der Erlösungstodhilfe steht ausschließlich das Wunschwohl des Patienten im Vordergrund, z.B. vor einem qualvollen oder würdelosen Tod bewahrt zu werden und verfolgt alleinig den Zweck, einen Menschen die Hilfe zum Sterben im Ausnahmefall als Gnadenakt der Menschlichkeit zu gewähren, wenn alle anderen palliativen Therapieansätze ausgeschöpft sind und / oder der Patient gerade durch medizinische Behandlung in seinem Leid belassen wird ( z.B. durch Einsatz Herz-Lungen-Maschine).

Deshalb sollten wir einen anderen Weg einschlagen, um uns dem Thema erfolgreich nähern zu können. Zunächst stellt sich die Frage, ob das Thema Humanes Sterben auch ein Thema mit dem Umgang von Leben und Tod allgemein in unserer Gesellschaft ist. Im medizinischen Bereich eröffnet sich explizit die Frage, ob die moderne Medizin und die dadurch für den einzelnen Menschen, besonders im Alter, entstandene Abhängigkeit, ein ganz anderes Bild im Umgang mit Leben und Tod fordert. Solange der Mensch in den natürlichen Prozess von Leben und Sterben nicht oder nur unzureichend Einfluss nehmen konnte, galt die Ehrfurcht vor dem Leben als allgemeingültige Richtschnur des ärztlichen Handelns. Das Problembewusstsein vieler Menschen für dieses Thema liegt doch nicht vordergründig in der Tatsache sterben zu müssen, sondern in der verständlichen Angst eines Menschen, vor allem durch medizinische Einfußnahme, in einem Zustand zwischen Leben und Tod gebracht und gehalten zu werden, der evtl. mit einem Höchstmaß an Leid verbunden sein kann.
Viele unserer gerade älteren Mitmenschen nehmen Dauermedikamente zur Stabilisierung ihrer Lebensfunktionen, z.B. Herz-Kreislauf, ständig ein, haben evtl. einen Herzschrittmacher oder werden durch ärztliche Nothilfe immer wieder am Sterben gehindert. Dadurch erhöht sich die potenzielle Gefahr, in einer auswegslosen Situation, mit Hilfe der ärztlichen Kunst, zwischen den Welten festgehalten zu werden. Auch Alterssiechtum und chronische Erkrankungen können auswegslose Situationen fördern.

Wenn der Mensch die Möglichkeit nutzt, in den natürlichen Prozess des Lebens medizinisch einzugreifen, und dass oft zum gesundheitlichen Vorteil der Betroffenen, sollte er aber auch den Mut finden, Erlösungstodhilfe, als letztes Mittel der Wahl und nach sorgfältiger Prüfung anzuwenden und zu akzeptieren.
Eine Sterbehilfe, verstanden als letzte Möglichkeit einer durch medizinische Machbarkeit notwendigen
Erlösungstodhilfe, erscheint dann im Einzelfall sinnvoll, wenn zuvor alle palliativen Therapieprogramme ausgeschöpft worden und gesundheitsökonomische ( knappe Ressourcen) und sonstige private Interessen (z.B. der Angehörigen) nicht als Entscheidungsgrundlage dienen; sondern nur der objektive Gesundheitszustand des Betroffenen in Verbindung mit seinem persönlichen Wunschwohl und die Prognose des Patienten nach ärztlichen Ermessen und durch Kontrollinstanzen überprüft, keine andere Vorgehensweise mehr erlauben sollten. Denn Erlösungstodhilfe muss in den Händen von Ärzten und mit den Erfahrungen der Mediziner durchgeführt werden, da sie nur dann dem ethischen und fachlich-qualitativen Anspruch der Menschen für einen würdevollen Tod entspricht. Die Ärzte sollten sich klar sein darüber, dass Erlösungstodhilfe nicht einer gesellschaftlichen Randgruppe oder auch Organisationen im Ausland überlassen werden darf. Zit. Pawel Truskolaski - „Ein Arzt zweier Welten“>: „Der Arzt ist ein Wesen zweier Welten. Der Dualismus ist nirgendwo so gut zu beobachten, wie am Beispiel des Todes eines Menschen. Der Tod bedeutet jedenfalls eine Niederlage des Arztes: weil die Therapiemethoden nicht ausreichen, um den Menschen zu heilen oder sein Leben zu verlängern. Gleichzeitig bedeutet der Tod aber auch die Bestätigung der Zugehörigkeit zum großen Kosmos der Natur und bleibt manchmal die ersehnte (Er-) Lösung der anders nicht lösbaren Probleme und Leiden. Die Idee und die Realität des Todes gehören also untrennbar zum ärztlichen Dasein.“

Auf jeden Fall wäre die "Aktive Sterbehilfe" als Regelleistung der medizinischen Versorgung demnach vollständig abzulehnen, da die Gefahr des Missbrauchs größer als der zu erwartende Nutzen sein dürfte und die Pervertierung des Thema Sterben und Tod in der Gesellschaft zu Ungunsten ethischer Grundregeln erfolgen würde.

Deshalb:

Aktive Sterbehilfe - nein   Erlösungstodhilfe - ja

Dazu ein Zitat von Prof. Julius Hackethal aus einem Brief an das Ärzteblatt zu einem Beitrag vom 23. März 1989:

Zit >: Sie stellen mich in die Nähe der Nazi-Verbrecher. Eine schwerere Beleidigung kann es für mich nicht geben. Humane Erlösungstodhilfe und Nazi-Euthanasie sind sich so ähnlich wie Albert Schweitzer und Adolf Eichmann. Ich kämpfe für humane ärztliche Sterbehilfe, die den Willen des hoffnungslos gequälten Todkranken respektiert und nicht nur behauptet, Leiden zu lindern, sondern dies auch tut. Jeder gestandene Arzt weiß, dass für manche Kranke nur die Lebensverkürzung eine wirkliche Leidenslinderung bringen kann. ...Sie können sich nicht damit herausreden, dass Sie über meine Wertungen der humanen Sterbehilfe nicht Bescheid wüßten. Ich habe mir die Mühe gemacht, darüber ein dickes Buch zu schreiben, das Ihnen nicht unbekannt sein dürfte. Bevor Sie derartige wilde Beschimpfungen öffentlich loslassen, wären Sie verpflichtet gewesen, dass Buch zu lesen, in dem ich mich von der Nazi-Euthanasie und ähnlichen Ungeheuerlichkeiten in aller Klarheit distanziere....

Die Sterbehilfe, verstanden als Erlösungstodhilfe, muss medizinische Leistung sein; als letzter humanistischer Dienst am Menschen, wenn es die Notwendigkeit verlangt, Hilfe beim Sterben aus medizinischen, und nur aus medizinischen Gründen leisten zu müssen.
Es ist auch eine Art von Courage, so wie man Leben verlängern und erhalten kann, den Mut zu haben, es unter gegebenen Bedingungen auch willentlich zu beenden, vor allem dann, wenn die Medizin selbst zur Ursache der Leidensverlängerung oder eines würdelosen Todes werden kann. Prof. Julius Hackethal hat sich für eine Liberalisierung des Themas eingesetzt, und es ist ihm zu danken, die generelle ethische Diskussion, gerade durch den Fall HERMY E., entfacht zu haben. Für Prof. Hackethal war die
Erlösungstodhilfe eine humanistische, medizinische Leistung im Zeitalter der unbegrenzten Möglichkeiten im Gesundheitswesen, ohne die Sterbehilfe generell instrumentalisieren zu wollen. Er hat davor gewarnt, durch Medikamente und Apparatemedizin hervorgerufene künstliche Lebensverlängerungen, könnten sich im entsprechenden Fall, gegen den Patienten richten. Deshalb war es ihm wichtig, die ethische Frage am Wunschwohl und Wunschglück des Patienten, so wie es sein Humanitas-Gelöbnis vorschreibt, festzumachen.

Erlösungstodhilfe ist folglich die unausweichliche Antwort auf den vor allem technischen Fortschritt in der Medizin, um Menschen nicht quälerischen und unwürdigen Situationen, gerade durch die Medizin, auszusetzen.


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